Gegend von Stans

Unterwegs auf der Rotztour, landet unser Autor am Alpnachersee bei einem wunderlichen Flecken. Romantisch und geschäftig zugleich.

    

Route:Stans Bahnhof – Lewengrueben – Rotzberg und Rotzburg – Rotzschlucht – Rotzloch – Rieden – Drachenfluh – Oberer Blattiberg –Drachenried – Hinterbach – Ennetmoos, Allweg (Bus nach Stans)
Dauer:4.5 Stunden. 676 Meter aufwärts, 600 abwärts.
Einkehr:Nur am Anfang und am Ende möglich.
Hinkommen:Per Bahn von Luzern nach Stans.
Sicherheit:Steinschlaggefahr in der Rotzschlucht. Einige sehr steile Wegstücke.

        

Kolumne von Thomas Widmer

ROTZBERG, ROTZBURG, ROTZSCHLUCHT, ROTZLOCH

Der Föhn bläst, perfekt! Die dicht gepackte Landschaft der Innerschweiz, die Berge, die Hügel und die Arme des Vierwaldstättersee-Kraken, wirkt durch die Magie des Warmwindes noch gedrängter. Kräftiger. Inniger. Wir freuen uns, als wir in Stans aus dem Zug steigen. Der Weg geht zum gepflästerten Dorfplatz und führt hernach Richtung Westen aus dem Hauptort. An der Nägeligasse fällt ein Lotterhaus aus Holz auf, die Nummer 23. Der Hauptmann Jakob Stulz baute es um 1550 für sich und seine Familie, später war es ein Altersheim.

Vor uns sticht am Horizont der Pilatus in den Himmel. In der Nähe haben wir leicht links die Drachenfluh vor Augen samt ihren nackten Felswänden. Und leicht rechts die sanftmütig grüne Kuppe des Rotzbergs. Beide Erhebungen werden wir uns erobern.

Wir kommen zur Lewengrueben, wo der Wanderweg die Strasse von Stans nach Ennetmoos schneidet, und passieren die St.-Josefs-Kapelle. Die Gegend verländlicht vollends mit blumengelben Wiesen und Bauernhöfen. Es geht aufwärts Richtung Rotzberg, im Rückblick beeindrucken Stanserhorn und Buochserhorn. Und auf dem kleinen Sattel vor dem Gipfel zeigt sich abrupt der Alpnachersee. Ein Schild weist zehn Minuten später auf eine Gefahr hin: Links des komfortabel breiten Waldweges fällt das bewaldete Gelände senkrecht ab, ein Steinbruch. Dann sind wir oben. Von der Burgruine ist wenig geblieben, der Mauerring vor allem. Die Rotzburg ist berühmt als Teil des Burgenbruchs, der im «Weissen Buch von Sarnen » (um 1470) erzählt wird als Urszene der Eidgenossenschaft: Die Innerschweizer Bauern, drangsaliert von ihrer ritterlichen Obrigkeit, stürmen mehrere Burgen. Darunter die auf dem Rotzberg.

Nach der Rast steigen wir ab zum oberen Eingang der Rotzschlucht auf einer Geländeterrasse mit Fabrik; der Wiesenpfad ist steil, wir müssen aufpassen. Schön, dass die Schlucht offen ist; sie ist nämlich von der Schliessung bedroht – Steinschlaggefahr. Wer sie begeht, tut es auf eigenes Risiko. Aber schön ist die kurze Passage: Wir sehen Höhlen und Stolleneingänge, lesen auf Tafeln von einer alten Mühle, von den Spuren einstigen Bergbaus, einer Schwefelquelle und seltenen Farnen.

Unten erreichen wir den Alpnachersee und sind nun im Rotzloch. Dies ist ein romantischer und gleichzeitig geschäftiger Platz. Eine Deponie für Bauschutt ist hier untergebracht, und es wird Kieselkalk abgebaut. Schotter für unsere Bahngleise. Das Rotzloch ist Nidwaldens allererste Industriezone. Schon 1597 ist eine Papierwerkstatt belegt, auch ein Badhaus, eine Öltrotte, eine Pulvermühle, eine Sägerei, eine Gerberei und eine Eisenschmelze gab es einst. Wer müde ist, geht nun nach Stansstad, knapp zweieinhalb Kilometer beträgt die Distanz dorthin. Wir fänden das schade und gehen just in die andere Richtung. Via Rieden steigen wir wieder auf, kommen in den wundersam feuchtelnden Hinterbergwald, sind endlich oben auf Zingel, langen auf der Drachenfluh mit ihrem weissen Kreuz an.

Noch steht uns ein grober Abstieg hinab ins Drachenmoos bevor, Schlussziel ist Ennetmoos. Aber bereits ziehen wir das Fazit, dass die Innerschweiz immer wieder neu überraschen kann. Unsere Rotztour hat uns ein Übermass an Ausblick geschenkt – jetzt gerade sehen wir weit hinten die beiden Mythen. Und wie niedlich der Rotzberg nun plötzlich wirkt, jööö.

   

In Kooperation mit

     

Folgen Sie den Routen von Thomas Widmer auch auf dem Blog: widmerwandertweiter.blogspot.com