Nah der Stadt Bern

Unser Autor wanderte hinauf auf den Schüpberg. Die Bise blies, was das Zeug hielt. Dort mundete das Mahl umso mehr.

   

Route:

Bern Bahnhof – Aare – Uferweg bis Aaregg – Rossfeld, Matthäuskirche/Amphitheater – Reichenbachfähre – Niederlindach – Kirchlindach – Schüpberg – Schüpfen, Station

Dauer:

4.25 Stunden. Gut 290 Meter aufwärts, 310 Meter abwärts.

Einkehr:

Schüpbärg-Beizli, Ruhetage Dienstag und Mittwoch. Reservieren!

Fähre:

Die Reichenbachfähre fährt ab 10 Uhr. Ruhetage Montag und Dienstag.

   

Kolumne von Thomas Widmer

VOM BLUTTURM ZUR BAUERNBRATWURST

Wir besammeln uns in der Unterführung des Bahnhofs Bern, wie immer zieht es dort grässlich. Doch das ist noch gar nichts. Draussen bläst die Bise. Vom Bahnhof geht es das Bollwerk hinab zur Lorrainebrücke. Vor der Brücke steht rechts in der Ecke verschupft ein Wanderwegweiser. Wir finden einen steilen Pfad die Halde zur Aare hinab. Unten der Blutturm, uff, was für ein Name! Hexenturm hiess er alternativ und war Teil der Stadtbefestigung. Den herzhaft grünen Fluss entlang geht es stadtauswärts, zuerst unter der Eisenbahnbrücke, später unter der Autobahnbrücke hindurch. Wir teilen uns die schöne Passage am Fluss mit Velölern und Joggern. Dann verlassen wir das Wasser zeitweilig und steigen auf zur Station Tiefenau und weiter, einem Kirchturm entgegen.

Die Matthäuskirche ist noch jung und besteht aus einem Dreieck, der Kirche selber, und einem hohen Rechteck, dem Turm. Daneben ein Kreis im Gras. Es handelt sich um ein spätantikes Amphitheater. Triumph der Geometrie, wie das alles harmoniert.

Wir halten vollends hinein in die grosse Aareschleife nördlich von Bern. Der Reichenbachwald schützt gegen den Giftwind; immer wieder mal lesen wir ein Schild des Archäologiepfades. Die Engehalbinsel ist durchsetzt mit gallorömischen Relikten, mit Wällen zum Beispiel. Sie ist eine Bastion der Natur, nachgerüstet mit den Mitteln des Menschen.

Bei der Reichenbachfähre klingeln wir, die Fährfrau kommt, zwei Franken kostet die Fahrt pro Person und ist leider viel zu kurz. Die Fähre entstand, nachdem sich zur Mitte des 18. Jahrhunderts ein britischer Gesandter auf Schloss Reichenbach einquartiert hatte. Der hohe Herr mochte es nicht, zu seinen diplomatischen Geschäften in Bern stets einen Umweg nehmen zu müssen. Heute ist die Fähre Teil des öffentlichen Verkehrs mit festen Betriebszeiten.

Auf der anderen Seite des Flusses sehen wir ein Gartenrestaurant; leider ist es noch zu früh für Fisch. Schloss Reichenbach zur Linken enttäuscht uns eher, es ist sozusagen mit einer gewaltigen Brauerei zusammengewachsen. Wir halten den Stutz hinauf, biegen oben links ab, sind nun eingespurt Richtung Kirchlindach. Offen das Land und weit die Felder. Unherrlich, dass wir zeitweise auf Hartbelag gehen.

Im Weiler Niederlindach steht ein menschenhohes Sudoku. Die Zahlen würden zweimal pro Monat ausgewechselt, sagt das Schild daneben. Kirchlindach queren wir später speditiv, denn wir haben Hunger. Noch etwas mehr Höhe ist zu gewinnen, noch etwas mehr Sicht erlangen wir damit. Dann der Schüpberg, ein Bauernweiler. Sein Restaurant, das Schüpbärg-Beizli, ist weitum bekannt.

Gut, haben wir reserviert! Das Beizli ist pumpenvoll. Auf unserem Tisch ein Schiefertäfelchen: «Herzlich willkommen! Widmer». Das Essen ist dann sehr gut, meine Bauernbratwurst eine Riesenkurve und die Rösti knusprig, wie sie sein soll. Es folgt der Schlussakt: Abstieg nach Schüpfen, wo der unvergessene Bundesrat Rudolf Minger, der Minger Rüedu, seinen Hof hatte. Unterwegs streicheln wir einen sehr zutraulichen Esel – oder ist es ein Maultier? Unsere Wanderung endet am Bahnhof Schüpfen, und man ist sich einig, dass sie toll war. Auch wenn die Bise blies. Und dem Hartbelag zum Trotz.

Ein zusätzliches Happy End: Roland hat sein Handy verloren und es nach kurzer Suche wieder gefunden. Gut so, er braucht es heftig. Manchmal twittert er sogar im Gehen. Hoffentlich gibt das nicht einmal einen Unfall!

    

In Kooperation mit

   

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